Erstnachweis in Brandenburg: Auf sechs Beinen im Windschatten des Klimawandels
In Sielmanns Naturlandschaft Döberitzer Heide, vor den Toren der Hauptstadt, wurde erstmals für Brandenburg die Rindenwanze Aradus ribauti nachgewiesen.
Es ist immer etwas Besonderes, wenn einem Wissenschaftler ein Erstnachweis gelingt. Dr. Jörg Müller, Biologe bei der Heinz Sielmann Stiftung, ist dies nun zum wiederholten Male geglückt. In Sielmanns Naturlandschaft Döberitzer Heide, vor den Toren Berlins, fand er die Rindenwanze Aradus ribauti. Besonders farbenfroh ist sie nicht, dafür aber bestens getarnt. „Das Tier lebt sehr verborgen unter der Rinde von absterbenden Pappeln und ernährt sich von Pilzen“, erklärt Dr. Müller. Der Erstnachweis für Brandenburg sei ein Indiz für die stärkere Ausbreitung wärmeliebender Tierarten von Südwesten nach Osten. Dass die Lebensbedingungen hier nun passend für die Wanze sind, könnte auf Veränderungen durch den Klimawandel zurückzuführen sein.
+++ Siegeszug von Süden +++
Ursprünglich war die Rindenwanze eher aus südlicheren Ländern bekannt, mit einer Hauptverbreitung im Mittelmeergebiet. Inzwischen taucht die Art immer weiter im Norden auf. Ausgehend vom Oberrhein ist sie inzwischen in Hessen und Rheinland-Pfalz nachgewiesen worden. In Brandenburg wurde nun ihre nördlichste Verbreitung in Deutschland nachgewiesen.
+++ Pilze auf der Speisekarte +++
Rindenwanzen sind eng an bestimmte Pilzarten gebunden, von denen sie leben. Vermutlich ist die Rindenwanze der Ausbreitung ihres Lieblingspilzes gefolgt. Die Wanze wurde an der Blassen Borsten-Tramete (Trametes trogii) gefunden. Auch dieser Pilz hatte ursprünglich einen mediterranen Verbreitungsschwerpunkt und hat sich in den letzten Jahren rasant in Norddeutschland ausgebreitet. Die Tramete ist ihrerseits wärmebedürftig und profitiert von Bäumen, die durch die anhaltende Trockenheit geschwächt sind.
+++ Gewinner und Verlierer in der Klimakrise +++
Die trockenwarmen Bedingungen der letzten Jahre haben dafür gesorgt, dass Pilz und Rindenwanze zunehmend gute Bedingungen nordwärts vorfand und sich ausbreiten konnte. „Dieses Zusammenspiel unterschiedlicher Arten zeigt, welchen Veränderungen ganze Ökosysteme durch den Klimawandel unterliegen“, erläutert Dr. Müller. Einige Arten werden sich weiter nach Norden ausbreiten, andere werden keine passenden Lebensräume mehr finden. „Die Natur die uns umgibt wird sich radikal verändern. Altbekannte Arten werden verschwinden, neue Arten werden unseren Alltag begleiten. Daran werden wir uns wohl gewöhnen müssen“, resümiert der Biologe.
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Bildcredit: Dr. Jörg Müller / Heinz Sielmann Stiftung
Sielmanns Naturlandschaft Döberitzer Heide
Unmittelbar vor den Toren der Bundeshauptstadt hat sich auf dem etwa 6.000 Hektar großen ehemaligen Truppenübungsplatz Döberitz eine Landschaft von außergewöhnlicher Schönheit und hohem naturschutzfachlichen Wert entwickelt. 2004 erwarb die Heinz Sielmann Stiftung das riesige Areal, um es nachhaltig für die Natur zu sichern. Sielmanns Naturlandschaft Döberitzer Heide umfasst offene und halboffene Landschaftsstrukturen sowie Laubmischwaldgebiete. Die Flächen sind als Naturschutzgebiete ausgewiesen und im Rahmen des europäischen Schutzgebietssystems NATURA 2000 als Fauna-Flora-Habitat-Schutzgebiet der Europäischen Union gemeldet. Pflegemaßnahmen werden aus Fördermitteln der EU, des Bundes und des Landes Brandenburg sowie mit Eigenmitteln der Heinz Sielmann Stiftung umgesetzt.
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Über die Heinz Sielmann Stiftung
Die Heinz Sielmann Stiftung wurde 1994 von Prof. Heinz Sielmann und seiner Frau Inge Sielmann als öffentliche Stiftung bürgerlichen Rechts gegründet. Die Schwerpunkte der Arbeit der Stiftung sind der Erhalt der Artenvielfalt, die Sensibilisierung der Öffentlichkeit für den Naturschutz und die Bewahrung des filmischen Erbes von Naturfilmpionier Heinz Sielmann. Mit dem Kauf großer unzerschnittener Landschaften in Brandenburg erhält und schafft die Stiftung Lebensräume für seltene Tiere und Pflanzen. Auch fördert die gemeinnützige Stiftung Biotopverbünde, zum Beispiel am Bodensee oder entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze. So können sich auf diesen Flächen Tier- und Pflanzenbestände frei vom wirtschaftlichen Nutzungsdruck erholen und verschwundene Arten zurückkehren.
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