Ist der noch gut oder kann der weg?
Viola Möbius empfiehlt Wintercheck für den Mantel und den Partner
Wir entsorgen abgetragene Kleidung und das Auto, das nicht mehr über den TÜV kommt. Bei unseren Partnerinnen und Partnern seien wir allerdings viel weniger konsequent, sagt Viola Möbius. Wie sich das ändern lässt und warum ein Umdenken wichtig ist, erläutert die Edutainerin, Kriminologin und Autorin im Interview.
Sie fordern einen Wintercheck wie im Kleiderschrank auch beim Partner. Was meinen Sie damit?
Viola Möbius: „Vor kurzem habe ich in meinem Schrank die Sommersachen nach hinten und die Winterkleidung nach vorne geräumt. Ich habe aber auch abgecheckt, was ich überhaupt noch brauche. Der dunkellilafarbene Mantel zum Beispiel hat den Test nicht bestanden und wurde ausgemustert. Gerade in diesem Moment rief mich eine Freundin an. Sie habe sich schon wieder mit ihrem Mann gestritten und frage sich langsam, ob sie nicht trotz oder wegen 16 Jahren Ehe ohne ihn besser dran sei. Ich sagte ihr, es sei im Grunde dasselbe wie mit meinem alten Mantel.“
Was genau haben Sie ihr geraten?
Viola Möbius: „Zunächst habe ich ihr erzählt, welche Fragen ich mir zu meinem Mantel gestellt habe. Sitzt der noch? Würde ich den noch mal kaufen? Und wenn ja, warum? Ist der schon verschlissen? Passt der zu mir und meinem Lifestyle? Mag ich ihn noch oder behalte ich ihn aus Gewohnheit? Kann man mit ihm noch Eindruck machen? Fühle ich mich mit ihm noch wohl? Hält der mich warm, wenn mir kalt ist? Würde es überhaupt auffallen, wenn er nicht mehr da ist? Wäre ich im Grunde froh, wenn ich ihn loswerden könnte? Lässt er mich besser aussehen? Wertschätze ich ihn noch?“
Und dann sind Sie vom Mantel auf den Partner gekommen?
Viola Möbius: „Genau. All diese Fragen sollte sich jeder auch in Bezug auf den Menschen stellen, mit dem er sein Leben teilt. Ja, mehr noch: Diese Fragen beziehungsweise die Antworten sind beim Partner noch viel wichtiger, denn: Der Wintermantel ist nur ein paar Monate an einigen Tagen ein paar Stunden mit mir „zusammen“ gewesen und er hat mein Leben nicht beeinflusst. Mein Partner aber ist immer da und beeinflusst mein Leben enorm.“
Sie fordern Menschen dazu auf, den Mut zu haben, sich von ihren Partnern zu trennen. Warum?
Viola Möbius: „Nun, Trennung ist natürlich kein Wert an sich, aber Partnerschaft eben auch nicht. Wenn mich jemand, mit dem ich viel Zeit verbringe, immer nur runterzieht und eher das Schlechte als das Gute in mir aktiviert, warum sollte ich mich dann noch länger mit ihm abgeben?“
Aber bedeutet nicht auch Treue etwas, gerade in unserer schnelllebigen Zeit?
Viola Möbius: „Ja, natürlich, aber zuallererst muss ich mir selbst treu sein und bleiben. Das heißt, ich habe die Verpflichtung, an meine eigenen Bedürfnisse zu denken – und mich deshalb von Menschen zu befreien, die mich daran hindern, mir diese zu erfüllen. Das klingt nach Egoismus, tatsächlich ist es jedoch das Gegenteil, nämlich Selbstliebe. Nur wer sich selbst liebt, ist in der Lage, auch andere zu lieben.“
Mehr Selbstliebe kommt also dem Partner zugute?
Viola Möbius: „Hundertprozentig. Nur leider wird uns von Kindheit an etwas anderes eingeredet. Jemand, der sich selbst liebt, geht komplett anders mit seinem Partner, ja, mit allen Menschen um.“
Was genau zeichnet Partner aus, die sich selbst lieben?
Viola Möbius: „Wie schon gesagt vor allem die Liebe zu sich selbst. Denn wer gut mit sich selbst umgeht, der behandelt andere ebenso. Die Gefühle für die eigene Person wirken quasi als Blaupause für die Gefühle, die ich meiner Umgebung entgegenbringe. Kümmere ich mich intensiv um mich, lasse ich auch anderen Menschen Fürsorge angedeihen. Das Maß an Toleranz und vor allem an Akzeptanz, mit dem ich nicht nur die eigenen Stärken, sondern auch liebevoll die eigenen Schwächen annehme, ist das Maß am Toleranz und Akzeptanz, mit dem ich die Stärken und Fehler anderer betrachte.“
Wie sollte denn der Partner sein, wenn man einmal von den Gefühlen für ihn absieht?
Viola Möbius: „Er sollte mein Verbündeter sein. Er sollte bei allen Kriterien, die mir wichtig sind, die höchste Punktzahl bekommen. Das heißt keineswegs, dass er makellos sein muss, denn das ist niemand. Es geht vielmehr darum, dass er meine Wünsche, Bedürfnisse und Träume sowie eine Motivation und Werte kennt. Er sollte mich darin bestärken, meinen Weg zu gehen, stolz auf mich sein, dass ich für meine Interessen kämpfe.“
Wählen Menschen ihren Partner nach diesen Dingen aus?
Viola Möbius: „Nein, meist nicht und genau das ist der Grund, warum sie sich von ihren Partnern behindern lassen. Es gilt daher, sich Rechenschaft darüber abzulegen, was meinen Partner dafür qualifiziert, den so besonderen Platz an meiner Seite einzunehmen – und notfalls zu erkennen, dass ihn nichts dazu qualifiziert. Viele gehen in Beziehungen und Ehen faule Kompromisse und ebenso faule Arrangements ein. Das mag vermeintlich Vorteile mit sich bringen, die man aber mit einem hohen Preis bezahlt! Denn wenn es an Liebe fehlt, fehlt es an Lust, Begeisterung und Freude. Gucke ich mir die meisten Beziehungen an, sehe ich genau das.“
Und was ist mit den Zielen und Träumen des Partners?
Viola Möbius: „Selbstverständlich muss auch ich mich als gute Partnerin qualifizieren, also den Menschen, der mit mir lebt, ebenso unterstützen wie er mich. Häufig wird Vertrauen als einer der Grundpfeiler einer funktionierenden Beziehung genannt. Das ist es auch, aber ich würde es nicht auf den Glauben beschränken, dass der andere mich nicht anlügt oder betrügt. Nein, mindestens ebenso wichtig ist, dass er Vertrauen in meine Fähigkeiten hat. Ich will einen Partner, der mir sagt „Du schaffst das“ und nicht einen, der mich zurückstutzt.“
Wie lässt sich auf den Punkt bringen, welchen Unterschied Selbstliebe in einer Beziehung macht?
Viola Möbius: „Menschen, die sich selbst lieben, lieben auch ihre Partner, statt zu glauben, dass sie diese brauchen. Die perfekte Basis für eine dauerhafte und glückliche Partnerschaft.“
Die „Tatorte“ von Viola Möbius sind die täglichen Fälle des Lebens. Als Kriminologin, Edutainerin und Autorin transportiert sie, was hinter Ermittlern, Profilern, Krimi & Co steckt – von psychologischen über soziologische Aspekte bis zu einzigartigem Wissen, speziellen Fähigkeiten und effektiven Methoden. Und das verbindet sie mit 25 Jahren als Unternehmerin und jahrelanger Arbeit mit Menschen. Immer mit dem Ziel, dass die Menschen in ihrem beruflichen und privaten Alltag davon profitieren, indem sie die Fälle des eigenen Lebens besser und anders lösen können. Mehr von Viola Möbius unter www.violamoebius.com
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